Es war ihr ein wichtiges Thema am 1. Mai. Fast drei Minuten lang ließ sich die bekannte AfD-Politikerin und Landtagsabgeordnete Petra Federau über „illegale Schmierereien“ in Form von Graffiti aus.

Pikant ist dabei, dass ein Graffiti-Writer, der bis letztes Jahr in Schwerin gewohnt hat, sich selbst für die AfD zur Kommunalwahl hat aufstellen lassen. Christian Boldt, Graffiti-Pseudonym Eksil (für legale Werke) oder LUFD (laut Indymedia für illegales Graffiti, früher FASK), kandidiert für die AfD in Rostock. Er bekleidet hier den Listenplatz 10. Seit dem Wintersemester studiert er Klassische Archäologie in Rostock und zog dafür in die schlagende Burschenschaft Redaria-Allemannia. Seine Identität als illegaler Graffiti-Writer wurde kürzlich in einem Indymedia-Artikel thematisiert.

Christian Boldt beim Malen.

Die Redaria-Allemannia in der Richard-Wagner-Straße 4 ist immer wieder Veranstaltungsort für Vorträge und Versammlungen der AfD. Im Dezember 2023 wählte die als rechtsextrem eingestufte Jugendorganisation der AfD die Junge Alternative (JA) ihren Vorstand im Verbindungshaus der Redaria. Mehr dazu findet ihr in unserem Post hier.

Langer Werdegang in rechter Szene

Boldt, auch unter den Spitznamen Kante oder Nudel bekannt, gehörte in seiner Jugend der Punkrock-Szene in Wismar an. Nach einem Bruch mit der Szene suchte er die Nähe zur extremen Rechten und war beispielsweise 2012 bei einer Demo der JN, der Nachwuchsorganisation der damaligen NPD, anwesend.

Christian Boldt auf einer JN-Demo 2012 in Wismar
Christian Boldt auf einer JN-Demo 2012 in Wismar (oben rechts mit Cap). Quelle: Koordination Lübeck.

In den Folgejahren war er politisch selten auffällig, was ihm ermöglichte, in einer vermeintlich „unpolitischen“ Graffiti-Szene Fuß zu fassen. Auch an dem linken Hausprojekt Komplex zeigte er Interesse, da ein Teil der Wände legal mit Graffiti verziert werden konnte. Sein Hobby stand anscheinend über allem, so war es für ihn kein Problem, 2022 zusammen mit dem LINKE-Lokalpolitiker Daniel Trepsdorf einen Graffiti-Workshop zum Thema Demokratie abzuhalten. Hierfür stellte er sich auch bereitwillig vor die Kamera des Lokalsenders TV:SCHWERIN. Im gleichen Jahr unterbreitete er dem überregional bekannten Neonazi Sven Krüger aus Jamel das Angebot, seinen Bauwagen nur für Materialkosten zu gestalten. Krüger lehnte dies ab.

Christian Boldt in einem Beitrag von TV-Schwerin zu einem von ihm begleiteten Graffiti-Workshop.
2022 wollte Christian Boldt dem bekannten Neonazi Sven Krüger gratis einen Bauwagen bemalen.

Im Zuge der Wahl zum Posten des Oberbürgermeisters in Schwerin 2023 tauchten zwei gesprayte Plakate auf, die für Leif-Erik Holm, den Kandidaten der AfD warben. Der Style der Buchstaben legt nahe, dass auch hier Boldt am Werk war.

Zwei möglicherweise von Boldt gesprayte Plakate, welche für den AfD-Kandidaten Leif-Erik Holm warben.

Aktivität in der Graffiti-Szene

Neben legalen Werken und auch Auftragsbildern soll Boldt auch seit längerem illegal als Sprüher unterwegs sein. Unter dem Pseudonym LUFD bzw. LUFT war er vor allem auf Schwerins Straßen aktiv. Seit seinem Umzug nach Rostock im Herbst 2023 tauchte sein Name auch dort auf, z.B. am Margaretenplatz in der KTV oder in der Innenstadt. Zu seinem Pseudonym gehört offensichtlich die Crew „MGS“.

Ein mutmaßlich von Boldt gemaltes Bild
Ein mutmaßlich von Boldt gemaltes Bild.

In ihrer Rede am 1. Mai beklagte Petra Federau vor allem Graffiti an den Außenwänden der beiden großen Friedhöfe in Schwerin. Dass sich ihr Parteikamerad Boldt direkt gegenüber des Alten Friedhofs in Schwerin mit einem Chrom-Bild verewigt hat, hat er ihr wahrscheinlich noch nicht gestanden.

Ein mutmaßlich von Boldt gemaltes Bild
Ein mutmaßlich von Boldt gemaltes Bild gegenüber des Alten Friedhofs in Schwerin.